Attraktivität aus der Sicht der Frau: Was ihr Geruchssinn verrät
Warum Sie gern das T-Shirt von Ihrem Boyfriend tragen
Heute möchte ich mich erst einmal outen: Ich bin Biologin und das bin ich sehr gern.
Hätte ich wählen können, wäre ich Evolutionsforscherin geworden. Mein Evolutionsprofessor an der Uni war in seinen jungen Jahren Postdoc bei einem weltberühmten Evolutionsbiologen auf Caltech in Kalifornien und wusste genau, wie man seine Begeisterung für diese Disziplin an seine Studenten weitergibt.
Als es soweit war, ein Thema für meine Masterarbeit zu suchen, war ich mir sicher, mein Lieblingsprofessor würde sich freuen, mich in seinem Labor aufzunehmen. Im Jahr zuvor hatte ich keinen seiner Vorträge verpasst, nicht mal die langweiligste Populationsgenetik der Fruchtfliegen, und er wusste es.
Ich fiel also aus allen Wolken, als er mir sagte: „Darja, ich werde deine Pläne auf keinen Fall unterstützen. Du bist eine Frau und brauchst einen praxisorientierten Beruf. Mach doch einfach biomedizinische Forschung, lerne Labormethoden. Die Evolutionstheorien muss du trotzdem nicht aufgeben. Die Art von Denken, die du jetzt schon hast, kannst du einfach weiter anwenden bei allem, was du machst.“
So wurde ich auf den Weg der biomedizinischen Forschung gesetzt.
In den darauf folgenden Jahren lernte ich so ziemlich alle relevanten Techniken in der Zellbiologie, die man im Labor beherrschen kann. Ich habe gern und mit viel Hingabe im Labor gearbeitet und war oft stolz darauf, Teil der Forschungsgruppe zu sein, die oft zum ersten Mal an einigen wichtigen Themen forschte. Und heute finde ich es im Großen und Ganzen gut, dass das Thema Kinderwunsch und nicht Evolutionsbiologie zu meiner täglichen Arbeit wurde.
Aber jetzt, in diesem Moment, habe ich Ihre Aufmerksamkeit und merke, dass ich heute ein evolutionsbiologisch sehr wichtiges Thema besprechen möchte.
Warum mögen Frauen manche Männer mehr als andere? Was ist männliche Attraktivität für Frauen?
Warum tragen wir Frauen gern die T-Shirts unserer Boyfriends, aber nicht die unserer Brüder oder unseres Vaters?
Unsere Nase ist ein wunderschönes und wichtiges Sinnesorgan. Leider nutzen wir sie im Alltag viel zu selten. Der Geruch vermittelt eine enorme Menge an bewussten und unbewussten Informationen, z.B darüber, über welche MHC Gene ein attraktiver Mann verfügt.
„MHC Gene“ ist ein komischer Begriff, ich weiß, und doch ist der Mechanismus dahinter so enorm wichtig, dass Sie diese Art von Informationsgewinnung mit Reptilien, Vögeln und Fischen teilen.
Was machen die MHC Gene?
Die MHC Moleküle sind an der Immunantwort beteiligt und werden immer wieder neu kombiniert, um die krankmachenden Keime im Schach zu halten. Sie werden von Mutter Natur immer wieder recycelt und auf die gleiche Art und Weise bei allen Wirbeltieren eingesetzt.
Und weil die Gesundheit der Kinder so wichtig ist, hat es Mutter Natur sich zur Hauptaufgabe gemacht, die sexuellen Vorlieben der Frauen so zu gestalten, dass sie möglichst gesunde Babys hervorbringen.
Deshalb finden Frauen Männer, die MHC Moleküle haben, welche sich stark von ihren eigenen unterscheiden, viel attraktiver, insbesondere wenn sie diese Männer im Zeitraum um den Eisprung herum treffen. Diese Männer „riechen“ für Frauen gut, ohne dass sie sich bewusst erklären könnten, warum.
Was bedeutet es, wenn eine Frau instinktiv einen Mann sehr attraktiv findet, ohne es erklären zu können, warum? Ihre Instinkte sagen ihr, dass die genetische Kombination mit diesem Mann stimmt und daraus mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gesunde Kinder entstehen würden.
Die Geruchssignale vermitteln zwei Möglichkeiten:
1. Die MHC Gene von Mann und Frau sind sehr verschieden (aber komplementär und passend zueinander). Bei den Kindern entstehen Genkombinationen, die besonders viele Möglichkeiten bieten, um Kinder gegen Krankheitserreger immunologisch gut auszustatten. So haben die Kinder selbst bessere Überlebenschancen bzw. erleben häufiger, später auch selbst Kinder in die Welt setzen zu können.
2. Der MHC Komplex ist zu ähnlich und/oder nicht kompatibel. Diese Konstellation kommt als ein „schlechter Geruch/Gefühl“ rüber und wird unterbewusst wie eine Warnung erlebt: Diese Gene kommen mir bekannt vor – hier werden nicht viele neue Kombinationen entstehen!
Also, wenn eine Frau das T-Shirt ihres Bruders oder Papas beim Riechen abstoßend findet, ist das ein einfacher Mechanismus, den die Natur seit Äonen von Jahren benutzt, um Inzest vorzubeugen (wenn auch nicht der einzige – auch kulturell wird Inzest bei fast allen untersuchten Völkergruppen stark tabuisiert).
Referenzen:
Roberts SC, Gosling LM, Carter V, Petrie M. MHC-correlated odour preferences in humans and the use of oral contraceptives. Proc Biol Sci. 2008 Dec 7;275(1652):2715-22. doi: 10.1098/rspb.2008.0825.Wedekind C, Seebeck T, Bettens F, Paepke AJ. MHC-dependent mate preferences in humans. Proc Biol Sci. 1995 Jun 22;260(1359):245-9.
Zu diesem Thema wurden schon viele Studien durchgeführt. Diese hier gehört zu den ersten, die die MHC Moleküle und die sexuellen Präferenzen der Frau in Verbindung gebracht haben.
In diesem Experiment wurden in zwei kleinen Gruppen von weiblichen und männlichen Probanden erstmal die MHC Komplexe bestimmt. In den zwei aufeinanderfolgenden Nächten trugen männliche Probanden T-Shirts.
Am nächsten Tag wurden die Gerüche von ihren weiblichen Kolleginnen bewertet. Frauen empfanden die männlichen Körpergerüche als angenehm, wenn diese von MHC Trägern entstanden, die andere MHC Gene hatten als sie selbst. Interessanterweise fiel die Bewertung anders aus bei den Frauen, die mit der Antibabypille verhüteten.
Die Antibabypille maskiert also diesen Urinstinkt.
Dadurch, dass dem Körper durch die Einnahme der Pille vorgetäuscht wird, quasi ständig schwanger zu sein, finden Frauen, die verhüten, vermehrt „sichere Typen“ als attraktiv, weil sie mit denen unterbewusst eine sichere Lebenspartnerschaft eingehen wollen, um für ihr zukünftiges Kind einen guten Papa abzusichern. Was bedeutet all das für Ihren Kinderwunsch?
Attraktivität aus der Sicht der Frau: Dinge, die Frauen an Männern unwiderstehlich finden
Was bedeutet all das für Ihren Kinderwunsch?
Ich sehe mindestens zwei Szenarien, in denen alte biologische Muster direkte Folgen in der heutigen Zeit haben.
1. MHC Gene und die Verhütung mit Pille. Obwohl wir nicht genau voraussagen können, wie stark die Partnerwahl der Frauen von der Pille bestimmt wird, wissen wir mit ziemlicher Sicherheit, dass die jahrelange Einnahme der Pille die sexuellen Präferenzen der Frauen signifikant beeinflusst. Das heißt: die Männer, die Frauen während der Einnahme der Pille als Partner und Väter ihrer Kinder wählen, unterscheiden sich meistens von denen, die gewählt worden wären, wenn der natürliche Zyklus nicht durch Hormone maskiert wäre.
Nicht nur aus diesem Grund bin ich der Meinung: die Pille ist etwas für ganz junge Frauen, die noch „üben“ und eine ungewollte Schwangerschaft unbedingt verhindern wollen. Spätestens nach dem 30. Lebensjahr ist das Risiko groß, das die Pille in jeder Hinsicht zu Verzögerungen in Sachen Kinderwunsch führt und Frauen auf die falsche Spur setzt.
2. Was MHC Gene bedeuten für Frauen bedeuten, die eine Solo-Schwangerschaft planen?
Ein Gedanke kommt mir jetzt in Bezug auf Inseminationen mit Spendersamen. Wäre es nicht sinnvoll, dass Frauen, die in Kliniken anhand von Profilfotos nach einem Samenspender suchen, diesen während des Eisprungs in ihrem natürlichen Zyklus auswählen?
Da es bei diesem Szenario eindeutig um den Akt der biologischen Zeugung geht, würde es einfach Sinn machen, uralte Fraueninstinkte in dieAuswahl der Samenspender miteinfließen zu lassen.
Deshalb fände ich es gut, wenn Frauen in den Samenbanken an den T-Shirts potentieller Spender riechen bzw. ihre persönlichen Gegenstände spüren und anfassen könnten.
Neuronen, die auf Geruch reagieren und die immunologische Informationen vermitteln, scheinen bereits durch die sehr niedrigen, quasi homöopathischen Konzentrationen von Geruchsmolekülen aktiviert zu werden. Es wird gesagt, dass diese im picomolaren Bereich liegen. Ist es nicht ein Wunder, was diese wenigen Moleküle bewirken können – sich von einem Mann angezogen zu fühlen, der sich in weiter Entfernung befindet?
Noch wichtig: Es ist natürlich nicht nur der Geruch, der Frauen darüber informiert, mit welchem Mann gesunde Kinder entstehen würden!
Während des Eisprungs bevorzugen Frauen Männer mit relativ ausgeprägten Testosteron-Zeichen. Ein starkes Kinn ist der Klassiker (denken Sie an den Typ Clint Eastwood oder Cool Water Davidoff).
Welche weiteren Eigenschaften finden Frauen bei Männern attraktiv?
In allen Kulturen/Völkern, die bis jetzt untersucht wurden, neigten Frauen dazu, einen Sinn für Humor sowie ein Talent zum Geschichtenerzählen als sehr attraktiv zu bewerten. Der Grund ist der, dass diese eine hohe verbale und soziale Intelligenz, aber auch Kreativität, Emotionalität und mehrere andere Dinge gleichzeitig signalisieren. Und auch ein gutes Aussehen, wobei bei den ästhetischen Kriterien neigen Frauen dazu, eher auf MHC-Ähnlichkeiten und nicht auf Unterschiede zu setzen, wie es in dieser Studie diskutiert wird:
„Factors of special relevance in terms of individual preferences are reproductive status and long- vs. short-term mating context. We discuss the idea that olfactory and visual channels may work in a complementary way (i.e. odor preference for MHC-dissimilarity and visual preference for MHC-similarity) to achieve an optimal level of genetic variability, methodological issues and interesting avenues for further research.“
Havlicek J, Roberts SC. MHC-correlated mate choice in humans: a review. Psychoneuroendocrinology. 2009 May;34(4):497-512.
Auch Altruismus und Großzügigkeit finden Frauen bei Männern sehr attraktiv, denn diese besagen: dieser Mann hat genug Energie, um andere Menschen zu unterstützen; also sicher wird er genug Ressourcen haben, um seine eigenen Kinder zu ernähren.
Ignorieren Sie in diesen Sachen Ihr Bauchgefühl nicht.