Eizellen einfrieren (Social Freezing):

Die beste verfügbare Alternative?


 

wer soll Eizellen einfrieren, Social Freezing

Wer soll einfrieren, wer nicht? Foto mit freundlicher Genehmigung von tina phillips bei FreeDigitalPhotos.net.

Das Einfrieren von Eizellen (noch Oocyte Kryokonservierung und Social Freezing genannt) wird oft mit der Erfindung der Antibabypille vor 50 Jahren verglichen – beides stellte Frauen vor revolutionäre neue Möglichkeiten, mit dem Thema Kinderkriegen umzugehen. Die Pille allerdings hatte eine unerwartete Konsequenz: Sie trennte Sex von der Furcht, dadurch schwanger zu werden – das war beabsichtigt. Es erzeugte aber auch die Illusion, dass man sofort wieder schwanger werden könnte, sobald man die Pille weg ließ. Aber wie viele Frauen am eigenen Leib erfahren müssen, stimmt das leider nicht.

In Wirklichkeit nimmt die Anzahl gesunder und empfängnisfähiger Eizellen bei jeder Frau ständig ab und das Alter einer Frau spielt dabei eine große Rolle. Bereits ein Drittel der Frauen über 35 klagt über Fruchtbarkeitsprobleme. Jenseits der 40 sind schon 95 Prozent der verbliebenen Eizellen nicht mehr in der Lage, einen lebensfähigen Embryo hervorzubringen. Und bei Frauen über 45 fällt die Rate erfolgreicher Schwangerschaften selbst mithilfe von IVF und ICSI auf unter 5 Prozent. Weil diese Fakten so brutal sind, ignorieren viele Frauen sie lieber anstatt etwas dagegen zu tun. Und das gilt auch für gut gebildete Frauen.

Das Einfrieren der Eizellen könnte der einzige Weg sein, die weibliche Fruchtbarkeit sozusagen aufzuhalten und sich damit viel Schmerzen und Ängste zu ersparen (ESHRE Task Force on Ethics and Law, 2012). Leider funktioniert diese Methode am besten bei jungen Frauen mit entsprechend fitten Eizellen – also sozusagen bei Frauen, die auch (noch) kein Problem haben schwanger zu werden. Für Frauen über 35 ist es darum ratsamer, sich auf die Verbesserung der Qualität von Eizellen zu konzentrieren, die bei ihnen noch übrig sind. Und ansonsten einfach so gesund wie möglich zu leben.

Als Zellbiologin möchte ich zum Thema Eizellen einfrieren Ihnen noch etwas auf den Weg geben: Eizellen gehören leider zu den empfindlichsten Zellen des menschlichen Körpers. Sie sind vergleichsweise riesig und voll mit ebenso empfindlichen Stoffen. Es gab daher bis vor wenigen Jahren noch gar keine funktionierende Technik, sie einzufrieren und auch wieder unbeschadet aufzutauen. Zum Vergleich: Männliches Sperma kann man praktisch selbst zuhause in der Gefriertruhe einfrieren und kann dabei sicher sein, dass nach dem Auftauen immer noch jede Menge höchst lebendiger Kerlchen drin herumschwimmen werden. Eizellen sind dagegen eine ganz andere Herausforderung: Sie sind wie gesagt riesig und voller Wasser, dessen Kristalle das Ei beim Auftauen zerstören. Man muss darum schon mindestens 20 Eizellen einfrieren, um einigermaßen sicher zu gehen, dass man damit später Mutter werden kann. Aber Achtung! Das gilt auch nur für eine Frau unter 25 – ältere Frauen oder diejenigen mit schlechter Eizellenqualität sollten deutlich mehr Eizellen einfrieren.

Klingt unfair? Stimmt – obwohl die Eizelle und das Spermium dem Embryo die gleiche Menge DNA spenden, wirft ihr Auftauen in einem Labor völlig unterschiedliche Schwierigkeiten auf. Eizelle und Spermium verhalten sich dabei etwa wie ein Stück Holz zu einer Portion frischer Erdbeeren. Das ist etwa die Herausforderung, vor denen die Embryologen stehen. Man sollte sich darum vorher genau erkundigen, was für Erfolgsraten eine Klinik hier vorzuweisen hat und dann die beste nehmen.

 

Warum das Eizellen einfrieren keine perfekte Lösung ist


 

eizellen einfrieren nachteile

Das Einfrieren einer Eizelle ist also auch keine perfekte Lösung. Außerdem profitieren eher junge Frauen davon. Wer es dennoch versucht, wird rasch feststellen, dass auch hier alles schiefgehen kann. Schon die Entnahme der Eizellen ist eine viel aufwendigere Sache, als es sich viele Frauen vorstellen.

Zunächst müssen die Eierstöcke mit Hormonen stimuliert werden. Das Wachstum der Ei-Follikel wird dann mit Ultraschall überwacht, bis die Eizellen schließlich entnommen werden können, was oft mit einer mehrminütigen Vollnarkose verbunden ist. Bei jungen Frauen wirkt die Hormonbehandlung normalerweise sehr gut. Für sie ist es darum viel leichter als für eine Frau über 35, auf die erwünschte Anzahl von 20 guten Eizellen zu kommen. Es bleibt dann oft nicht bei nur einer Behandlung, dann sind weitere notwendig, und insgesamt kann es teuer und anstrengend werden.

Im Laufe der Behandlung können weitere Fragen auftauchen: Es kommt vor, dass der behandelnde Arzt die Anzahl der verbliebenen Eizellen bereits für sehr gering hält. Einfrieren ist in dem Fall nicht mehr sinnvoll.

Was bleibt dann übrig?
Was würdest du denn tun?

Am besten entscheidet man sich dann gleich dafür, ein Kind zu machen, oder zumindest eine künstliche Befruchtung der Eizellen (mit den Spermien des Partners oder eines Spenders) mit anschließendem Einfrieren der Embryonen vorzunehmen. Es ist nämlich leichter, Jahre später einen Embryo aufzutauen als eine unbefruchtete Eizelle, und die Überlebenschancen des Embryos sind jedenfalls viel größer als die der Eizelle. Und es ist auch z.B. für den weiblichen Körper über 40 leichter, schwanger zu sein und ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, als überhaupt erst einmal schwanger zu werden, also einen Embryo zu erzeugen. Der Nachteil in diesem Fall ist klar:  Der Vater des Embryos lässt sich nicht mehr ändern, man hat dann eben ein Kind mit einem Mann, mit dem man zu diesem Zeitpunkt vielleicht gar nicht mehr zusammen ist oder gar (bei einem anonymen Spender) nie zusammen war.

Für einen jungen Menschen klingt das vielleicht alles irgendwie radikal und fast abwegig. Für einen älteren Menschen dagegen mag es ganz vernünftig klingen. Eher ärgert man sich vielleicht, davon nicht früher gewusst zu haben. Wie auch immer – das Thema ist sehr heikel. Aber nur du selbst kannst entscheiden, ob das für dich eine Alternative ist und wie weit du gehen möchtest, dir eine solche “Hintertür“ für einen späteren Kinderwunsch offenzuhalten.

Zusammengefasst könnte man das Einfrieren von Eizellen mit einer Versicherung vergleichen: Man schließt sie ab in der Hoffnung, sie nie brauchen zu müssen. Man sollte sich auch klar darüber sein, dass das Einfrieren immer noch eine ziemlich teure Sache ist. In Deutschland kommen da rasch mehrere Tausend Euro zusammen, in den USA ist es sogar noch teurer. Aber warum sollten sich eigentlich nicht die Eltern daran finanziell beteiligen? Immerhin ist es eine Investition in ihre Enkel! Hätte ich selbst eine Tochter würde ich jedenfalls dafür sorgen, dass ihr diese Zusammenhänge bewusst sind. Und ich würde meiner Tochter noch eher eine solche Behandlung bezahlen und ihr damit helfen, ihren evtl. späten Wunsch nach Familie und Karriere zu verwirklichen, als ihr etwa ein Auto oder noch mehr exotischen Weltreisen zu schenken.

Referenzen:


 

ESHRE Task Force on Ethics and Law, Dondorp W, de Wert G, Pennings G, Shenfield F, Devroey P, Tarlatzis B, Barri P, Diedrich K. Oocyte cryopreservation for age-related fertility loss. Hum Reprod. 2012 May;27(5):1231-7. Epub 2012 Feb 21.

5 Kommentare

  1. Hallo, ich bin 23 und momentan in einem Jurastudium. Kinder auf die Welt zu setzen ist deshalb noch längst kein Thema für mich. Allerdings möchte ich schon gerne irgendwann mal welche. Jetzt bin ich auf einen gut geschriebenen Artikel gestoßen, der auf das Thema Social Freezing eingeht und überlege das zu machen. Kurz erklärt : Eizellen werden entnommen, eingefroren und Jahre später bei Bedarf künstlich befruchtet. So könnte ich ohne mir Sorgen um mein Alter machen zu müssen später Kinder auf die Welt setzen. Klingt echt gut, aber 5000 € sind extrem viel Geld für mich.

    http://www.laborpraxis.vogel.de/forschung-und-entwicklung/grundlagenforschung/articles/439671

  2. Danke Darja, ein informativer Artikel! Ich hab noch ein bisschen gesurft und noch etwas erfahren. Doch andere Mediziner sind noch skeptisch, ob die an sich clevere Methode tatsächlich eine gängige Behandlung bei unerfülltem Kinderwunsch werden kann. Es geht ein wenig in Richtung „social freezing“, also Ei- oder Samenzellen in jungen Jahren einzufrieren, um sie bei späterem Kinderwunsch zu aktivieren. Diese Methode ist auch auf Patienten beschränkt, die vor einer Chemo- oder Strahlentherapie stehen, aber noch Kinder möchten.

  3. Hallo! Für Gesamtkosten von etwa 5000 Euro also eine kostspielige Baby-Versicherung mit hohem Risikofaktor. Und das ist noch lange keine Garantie dafür, dass die künstliche Befruchtung dann auch erfolgreich verläuft.

  4. Es müssen ja nicht gleich 5,000 € sein. Wenn man gleich im ersten Zyklus genügend Eizellen gewinnen kann, sind es um die 3,000 €.

Kommentarfunktion geschlossen.