Wann ist eine Frau am fruchtbarsten


 

Für die biologische Uhr der Frau ist Mitte 20 das beste Alter, um Kinder zu bekommen – oder wenigstens das erste. Dieses Zeitfenster eignet sich für Mutter und Kind am besten, und das wird in absehbarer Zeit auch so bleiben.

Biologisch gesehen – und das ist die gute Nachricht – bleibt heute danach viel Lebenszeit übrig für alles andere, was man im Leben noch erreichen möchte. Also, wann ist Frau am fruchtbarsten?

Möchten Sie mit ziemlicher Sicherheit schwanger werden, versuchen Sie es, wenn Sie Mitte 20 sind! Ich weiß, wie schwer das ist: schlechte Kinderbetreuung, Einschnitte im Einkommen, verspätete Karriere…Sollte es für Sie völlig unmöglich sein, eine so „junge“ Mutter zu werden –  gibt es da eine echte Alternative, über die alle jungen Frauen nachdenken sollten.

Schwanger werden über 30

Viele Frauen bekommen heute ihr erstes Kind jenseits der 30 und bis in ihre 40er. Bedenkt man unsere heutige Lebenserwartung von mehr als 80 Jahren, mag das noch recht jung erscheinen.

Qualität der Eizellen. Eizellenreserve. Schwanger werden über 35

Wie viele Eizellen sind noch übrig? Foto mit freundlicher Genehmigung von photostock bei FreeDigitalPhotos.net

Betrachtet man aber die Zeit, die seit der ersten Periode vergangen ist, ist das schon ziemlich spät.

Der physiologische Prozess der Fruchtbarkeit, der in einem jungen Mädchen begonnen hat und nun schon 20 Jahre andauert, hat seinen Höhepunkt zu diesem Zeitpunkt längst überschritten und steuert bereits seinem Ende entgegen. Die Fruchtbarkeit der Frau sinkt. Milliarden der kleinen, biologischen Uhren haben laut zu ticken begonnen.

Mit Mitte 30 wissen wir so viel über Diäten, Fitness und Schönheits-OPs; wir freuen uns schrecklich, wenn jemand meint, wir sehen aus wie 20. Aber was tief drinnen passiert, das ignorieren wir souverän. Erstaunlich viele Frauen wissen nicht einmal, wann der Eisprung bei ihnen stattfindet, besonders wenn sie einen langen oder unregelmäßigen Zyklus haben.

Viel mehr wissen die meisten Frauen leider wirklich nicht. Oder welcher Frau ist schon bewusst, dass sie jenseits der 30 bereits nur noch über 12 Prozent ihrer Eizellen verfügt? (Wallace WHB, 2010).

Fruchtbarkeit nach 35: Das Ticken der biologischen Uhr wird lauter

Aber so ganz stumm bleibt unser Körper nicht. Subtile Signale werden gesendet. Plötzlich finden wir Babies schrecklich süß, und eine Schwangere gleicht nicht mehr dem Monster, das wir in ihr bisher immer gesehen haben.

Eizellenqualität verbessern, Eizellenreserve. Torschlußpanik.

Hören Sie Ihre biologische Uhr ticken? Foto mit freundlicher Genehmigung von stock images bei FreeDigitalPhotos.net

Es ist individuell ganz verschieden, aber irgendwann werden diese Stimmen lauter und lauter. Wir können sie einfach nicht länger ignorieren. Manchmal wachen wir auf mit einem merkwürdigen Druck auf der Brust.

Es kann auch vorkommen, dass unser Blutdruck anscheinend ohne Grund verrückt spielt. In den Tagen vor der Periode fühlen wir uns seltsam gestresst, Stimmungsschwankungen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt lassen alle Normalität vergessen. Manche Frauen können das berühmte Ticken ihrer biologischen Uhr regelrecht hören, sogar diejenigen, für die Kinderkriegen überhaupt kein Thema ist.

Aber selbst dann werden viele Frauen diese Zeichen weiterhin ignorieren. Schwanger werden passt einfach nicht in ihr Leben, es ergibt alles keinen Sinn, und besser fühlen tun sie sich dadurch sowieso nicht. Und was sollte erst ihr Partner denken, wenn sie jetzt ganz plötzlich ein Kind will?

Wie – jetzt, sofort?

Ja, warum eigentlich nicht?

Schließlich sind in diesem Alter 95 Prozent aller Eizellen bereits verbraucht, und von den Verbliebenen sind viele gar nicht mehr fähig, sich zu einem lebensfähigen Embryo zu entwickeln.

Was verliert eine Frau aber, wenn sie ihre Eizellen verliert? Ökonomisch gesprochen zwingt es sie dazu, ihre übrig gebliebenen Eizellen und damit die Reste ihrer Reproduktionsfähigkeit zum höchstmöglichen Preis zu verkaufen… Torschlusspanik vorprogrammiert.

Das klingt natürlich nach einer krassen Vereinfachung. Aber ist es nicht so?

Je später das Kind, desto höher wachsen die Ansprüche an einen potentiellen Vater… Man hat selbst so viel investiert, und man hat nur noch so wenig Versuche: Ist es da überraschend, dass der Kinderwunsch bei Frauen jenseits der 35 oft von so viel Angst, Unsicherheit und Verzweiflung begleitet ist?

Wie lange bleibt eine Frau fruchtbar?

Unbekannt sind diese Dinge natürlich nicht. Und trotzdem werden sie von vielen betroffenen Frauen geleugnet und verdrängt. Lieber suchen sie nach den seltenen Ausnahmen, anstatt sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen. Sicher – auch Frauen über 35 haben noch einen gewissen Vorrat an Eizellen. Aber es ist leider eine schöne Illusion zu glauben, dieser Vorrat an Eizellen ließe sich problemlos für weitere Jahre oder gar noch für ein weiteres Jahrzehnt sozusagen aufsparen, bis unser Leben dann endlich für eine Zukunft mit Kindern optimal scheint.

Wir vergessen nämlich allzu gern, dass – so wie die meisten biologischen Prozesse – auch die weibliche Fertilität die Form einer „Gauss’schen Normalverteilung“ aufzeigt. Diese Kurve hat etwa die Form eines umgedrehten U’s. Sie beginnt also sehr flach, steigt dann plötzlich rapide an, hält sich eher kurz auf ihrem Maximum und fällt dann ebenso rasch wieder ab. Für eine Frau über 35 bedeutet dies, dass ihre Fruchtbarkeit in diesem Alter plötzlich und unaufhaltbar absinkt. Die Anzahl und Qualität ihrer Eizellen sinkt rapide, vergleichbar einem Wasserfall.

Zugegeben, mit dem richtigen Mix aus Nahrungsergänzungen, richtiger Ernährung und einem gesunden Lebensstil kann man diesen Prozess zu einem gewissen Grad beeinflussen. Ganz zu schweigen von seltenen Ausnahmefällen, wo Frauen über 45 noch Mutter geworden sind. Dennoch: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte seine Lebensplanung nicht auf diesen unwägbaren Risiken aufbauen.

Leider tragen auch die Medien ihren Teil dazu bei, dass in der Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild der weiblichen Fruchtbarkeit jenseits der 35 entstanden ist. Auf-Wunsch-Mutter werden scheint kein Problem mehr zu sein. Wer kennt nicht die zahlreichen Promi-Geschichten irgendwelcher Berühmtheiten aus Film und Fernsehen, die mit über 40 ihr erstes Kind bekommen?

Verminderte Eiellenreserve. Eizellenqualit verbessern.

Sind Sie gut zu Ihren Eizellen? Foto mit freundlicher Genehmigung von dream design bei FreeDigitalPhotos.net

Aber wie viel haben diese Klatsch-Geschichten mit der Wirklichkeit zu tun? Eben – fast nichts. Nur liest man darüber in den einschlägigen Magazinen so gut wie nichts. Natürlich sind solche Erfolge nicht völlig ausgeschlossen.

Nur über künstliche Befruchtung wird nichts geschrieben, darüber, durch wie viele IVF- und ICSI-Versuche diese Frauen oft gegangen sind, bis sie schließlich glückstrahlend ihre Zwillinge in die Kameras halten durften. Und wer kann das schon so genau wissen, wie viel Geld an eine unbekannte Leihmutter einer Celebrity in der Gala geflossen ist? Man würde sowieso nur erfahren, dass man sich das als normales Paar mit unerfülltem Kinderwunsch eh nicht leisten könne.

Schwanger werden, aber wie? Was können wir von unseren steinzeitlichen Vorfahren noch lernen?

Der Einfluss eines unerfüllten Kinderwunsches auf das Sexleben eines Paares ist oft dramatisch. Mit der Zahl der Versuche wachsen der Druck und die Angst, dass es nie etwas wird. Manche Paare können mit diesem Druck besser umgehen als andere, aber früher oder später stehen sie alle vor den gleichen Fragen:

  • Haben wir zu wenig Sex?
  • Habe ich den Eisprung richtig gespürt?
  • Welche sind die Stellungen, um schwanger zu werden?
  • Ist es die falsche Tageszeit?
  • Wer darf zuerst kommen?
  • Und haben wir eigentlich noch Spaß dabei?

Warum vergessen wir nicht einmal alles, was wir über Sex und Kindermachen wissen und fragen einmal nach, wie es unsere ahnungslosen, ungebildeten und ach so primitiven Vorfahren gemacht haben.  Immerhin hatten diese kein Fernsehen, kein Internet und auch kein Handy. Also, was sollten die am Samstagabend schon gemacht haben…

Ernsthaft – erstaunlicherweise gibt es wenige systematische Forschungsergebnisse über das Sexualverhalten ursprünglicher Gemeinschaften von Jägern und Sammlern. Was wir heute darüber wissen, stammt fast ausschließlich aus anthropologischen Studien über einige wenige Stammesgesellschaften in Afrika. Immerhin – eine kürzlich erschienene Studie (Hewlett und Hewlett 2010) bietet einige interessante Einblicke.

Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Funde:

Die Studie beschäftigt sich mit dem Sexualleben der Aka und Ngandu Stämme. Gefragt wurde, wie oft sie Sex haben, nach den Gründen dafür, aber auch nach ihren sexuellen Praktiken und ihrem Wissen über Sexualität. Die untersuchten Stämme leben in Zentralafrika, sie gelten als gründlich erforscht und ihre Lebensweise kommt der unserer steinzeitlichen Vorfahren am nächsten.

Die Forscher befragten verheiratete Paare im Alter zwischen 18 und 45 Jahren. In den Gesprächen zeigte sich, dass sie etwa zwei bis dreimal Sex pro Woche hatten, oft mit häufigen Orgasmen. Das Alter dieser Menschen schien dabei keine besondere Rolle zu spielen (wobei wir aber berücksichtigen müssen, wie früh bei ihnen geheiratet wird).

Am faszinierendsten fand ich aber die Antwort der Männer auf die Frage, warum sie eigentlich Sex haben. Kinder – war die verblüffende Antwort der Männer beider Stämme. Ihr Wunsch nach Kindern also trieb sie unter die Bettdecke … Sex gilt bei ihnen durchaus als ein Vergnügen, aber auch als eine Sache, die schon eine gewisse Anstrengung verlangt. Für sie ist Sex darum vergleichbar mit der täglichen Suche nach Nahrung, nur weniger anstrengend, weil man zwischendurch mal ein Nickerchen machen kann.

Die Männer verfügen über verschiedene Wörter für Sex, aber das am häufigsten benutzte ist „Kinder finden“! Der Wunsch, Vater zu werden, ist bei ihnen also ein ganz wichtiges Motiv. Im Durchschnitt hatten diese Männer 2-3 Orgasmen pro Nacht, gefolgt von einigen Nächten ohne jede sexuelle Aktivitäten. Nicht ganz zufällig ist das auch in etwa die Zeitspanne, die der männliche Körper meistens braucht, um neues Sperma zu produzieren.

Schwanger werden aber wie? Warum nicht schnell schwanger?

Zusammen die Unfruchtbarkeit besiegen. Foto mit freundlicher Genehmigung von ambro bei FreeDigitalPhotos.net

Schön und gut, aber was hat das mit uns zu tun?

Immerhin zeigen uns diese „primitiven“ Steinzeitmenschen, wie man – ohne jedes theoretische Wissen über die tatsächlichen Zusammenhänge von Sex und Empfängnis – das Richtige tun kann. Es gibt bei ihnen keine Diskrepanz zwischen Physiologie und Lebensstil, zwischen ihrer Biologie und ihren kulturellen Praktiken.

Aber hilft uns das weiter, wenn wir wieder versuchen, schwanger zu werden?

Was wir immerhin davon lernen können: Wenn der Ovulations-Test endlich wieder den ersehnten zweiten Strich zeigt und damit klar ist, dass ein Eisprung bevorsteht: Jetzt haben Sie 24 Stunden Zeit, mit Ihrem Partner zu versuchen, ein Kind zu zeugen!

  • Aber was, wenn er nicht da ist? Oder nicht in Stimmung?
  • Wenn es wieder Streit gibt?
  • Wenn der ganze Alltag plötzlich so anders geworden ist, jetzt, da man ein Baby machen will?
  • Was würden jetzt wohl die Aka und Ngandu machen?

Eben – so leicht das klingt, aber sie haben diese Probleme nicht. Niemand muss ihnen etwas über „relaxen“ oder „Stress-Abbau“ oder „Wohlbefinden“ erzählen. Sie sind buchstäblich ahnungslos, und vielleicht sollten wir das manchmal auch sein.

Sich vom magischen Denken beeinflussen lassen – oder es zumindest versuchen – loslassen, sich hingeben, genießen. Jedenfalls nicht (zuviel) denken, planen und organisieren. Die Kinder sind schon da, sagen die Aka, Sie müssen sie nur finden. Auch wenn es ein wenig Arbeit macht.[/vc_column_text]

Referenzen:


 

Axmon A, Rylander L, Albin M, Hagmar L. Factors affecting time to pregnancy. Hum Reprod. 2006 May;21(5):1279-84.

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Greenseid K, Jindal S, Hurwitz J, Santoro N, Pal L. Differential granulosa cell gene expression in young women with diminished ovarian reserve. Reprod Sci. 2011 Sep;18(9):892-9.

Shostak, Marjorie (1981). Nisa, the life and words of a !Kung woman. Cambridge, MA: Harvard University Press.

Talukdar N, Bentov Y, Chang PT, Esfandiari N, Nazemian Z, Casper RF. Effect of long-term combined oral contraceptive pill use on endometrial thickness. Obstet Gynecol. 2012 Aug;120(2 Pt 1):348-54.

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